Wednesday, May 16, 2012

Gut, dass ich DARAUF vorbereitet bin

So abgebrueht und zynisch, wie ich bin, nehme ich immer wieder faelschlicherweise an, dass mich NICHTS mehr schocken kann. Und stelle immer wieder fest, dass ich mit dieser Ansicht falsch liege. Es gibt IMMER was Neues zum Schocken.

Es hat mich vor vielen Jahren geschockt, zu lernen, dass Zahnaerzte nach Krebs gucken. Und den auch finden. Daran habe ich mich inzwischen gewoehnt, und habe sowieso den Zahnarzt gewechselt. Mir bewusst einen etwas aelteren, maennlichen gesucht, der schon 30 Jahre Berufserfahrung hat, und sehr feine Antennen dafuer, wenn ein Patient so einen Quatsch nicht mitmachen will (Hals abtasten u. Co.). God bless. Ich gehe sehr gerne dort hin. Der muss sich naemlich nichts mehr beweisen, und ist entsprechend entspannend und angenehm.

DANNNN... hat mich irgendwann geschockt, dass es jetzt als etwas GANZ TOLLES an die Menschheit verkauft wird, dass AUGENAERZTE durch gekonntes Untersuchen verdaechtige Befunde sonstwo im menschlichen Koerper feststellen koennen (also irgenwie an den Augen "erkennen" koennen), und einem passend zum schicken neuen Gestell (an dem man dann gar keine Freude mehr hat, wie ich mir vorstellen kann) eine Ueberweiseung zu xy-Spezialist in die Fresse knallt mit dem gutgemeinten Rat "DAS sollten sie unbedingt mal abchecken lassen!"

Solche fortschrittlichen Entwicklungen, die MIR die Schuhe ausziehen, werden von den meisten Menschen als "ist doch toll" empfunden, das ist mir vollkommen klar. Ich habe mich damit abgefunden, dass ich auch bei diesem Thema - wie bei so vielen anderen im Leben - ziemlich alleine dastehe, und denke eigentlich nie daran, geschweige denn, darueber nach. Die Menschen sind Schafe, verliebt in ihre "Krankheiten" und ihre "Frueherkennung". Die Trommel wird ja laut genug geschlagen. Ich kann die Menschen nicht aendern, nur so gut es geht vermeiden, dass ich irgendwie in die Panikmachemaschine rein gezogen werde.

Jetzt wird dem Ganzen Panik-Gemache aber NOCH MAL eins aufgesetzt: Nun gibt es laut eines Artikels in einem medizinischen Magazin, ueber den ich gestern zufaellig gestolpert bin, eine weitere Falle dieser Art, und zwar an einer Stelle, wo selbst ich sie nur in meinen sarkastischsten Momenten ("bald ist es nicht mal mehr sicher, zum FRISEUR zu gehen!") vermutet haette. Denn nun ist aus dem Sarkasmus bitterer Ernst geworden. Und die Genugtuung, dass ich das schon irgendwann "vorausgesagt" habe, reicht nicht wirklich aus, um mein ungutes Gefuehl auszugleichen. Neuerdings gucken naemlich ..... *trommelwirbel* .... tatsaechlich FRISEURE nach Krebs!

60% oder so aller Friseure wuerden nach "Auffaelligkeiten" an der Kopfhaut, der Halshaut, und der Gesichtshaut gucken, und eventuelle "Auffaelligkeiten" dem dankbaren Kunden mitteilen, dass der das doch mal beim Hautarzt bla bla bla. Ach wie toll, gut dass es so was gibt, nicht wegsehen, gleich krieg ich einen Orgasmus vor Freude ueber so viel Fortschritt.

Ich stelle mir das gerade vor, wie das ablaufen soll: Es ist ein Samstag, tolles Wetter, man freut sich weil man einen neuen Haarschnitt machen lassen will, freut sich darauf, evtl. hinterher noch ein bisschen nett shoppen zu gehen, und danach zum Essen usw usf. Also in kurz, es geht einem gut, man hat einen schoenen Tag, es kann eigentlich nichts schiefgehen. Man denkt an nix Boeses. Und dann -------- RUMMS! Wissen Sie eigentlich, dass Sie da hinten am Genick so eine kleine Hautveraenderung haben? Damit sollten Sie unbedingt mal zum Hautarzt, man weiss ja nie bla bla bla. Und ---- der Tag ist futsch. Verdorben. Dank dieser Angstmacherei hat man auf einmal keine Lust mehr auf Shoppen, Essengehen, Kino. Nein, man hat jetzt PANIK. Angst, dass man Krebs hat, ist von Ungewissheit zerfressen, und will nur noch heim und sich mit einer Schachel Zigaretten (auf die kommt es auch nicht mehr an, man wird ja eh verrecken) einigeln. So wuerde es jedenfalls MIR gehen. Auch wenn ich mir durchaus bewusst bin, dass der Durchschnittsmensch des 21. Jahrhunderts sich fuer solche "Achtsamkeit" freudig bedanken wuerde, sich vornehmen wuerde, gleich am Montag einen Termin beim Hautarzt zu machen, und es dann "wegstecken" wuerde, sein Tagesprogramm weiterhin durchziehen wuerde, und sich "erst mal nicht ueber ungelegte Eier aufregen" wuerde. Erst mal gucken, was der Hautarzt sagt. Wenn's was ist, kann man immer noch Panik bekommen, man weiss ja im Grunde gar nichts Konkretes bla bla bla. Aber ich kann so was nicht. Fuer mich waere der Tag gelaufen. Ist man jetzt nirgendwo mehr sicher? Kann man nicht mal mehr zum FRISEUR gehen heutzutage??????

Nun habe ich ja zur Zeit eine mehrmonatige Friseur-freie Zeit, weil ich mir die Haare wieder wachsen lasse, und erst eine gescheite Form reinschneiden lassen werde, wenn sie die Laenge erreicht haben, die mir vorschwebt. Seit der ewige Pixie einigermassen herausgewachsen ist, stelle ich fest, dass meine Haare ziemlich gleichmaessig lockig geworden sind, und mir schwebt jetzt so ein kinnlanger, geradegeschnittener lockiger Bob vor, den man so schoen schuetteln kann. Meine Haare wuerden das hergeben, dick und lockig wie sie sind, und ein junges Gesicht habe ich sowieso. Aber im Moment sind die Laengen halt verschieden, weil ehemaliger Pixie, und ich lasse erst mal in Ruhe wachsen. Es kann noch etwas laenger dauern, bis ich da jemanden mit der Schere dranlasse. Aber irgendwann wird es sein muessen. Dank dieser Lektuere gestern, weiss ich jetzt wenigstens, was mir da evtl. bluehen kann.

Der Punkt ist, dass ich nach dieser Lektuere gestern, jetzt NIE MEHR UNBEDARFT ZUM FRISEUR GEHEN KANN! Dass ich jetzt Angst habe, dass die bei mir nach Krebs gucken, und mir Angst machen mit irgend so einer Scheiss Ungewissheit. Ich bin ein Mensch, der aus Feigheit ganz bewusst NIE zu irgendwelchen Frueherkennungstests geht, und dann werden die einem so nebenbei reigewuergt wo man geht und steht. Mir fehlen die Worte.

Bald wird es so weit sein, dass saemtliche Dienstleister, die zwangslaeufig in naeheren Koerperkontakt mit einem kommen, einen klammheimlich auf KREBS untersuchen werden. Was kommt als naechstes? Die Manikueristin? Warum nicht? Dass man an Naegeln angeblich bestimmte Krankheiten feststellen kann, ist ja eh schon lange bekannt. Da liegt es nur nahe, dass auch die Manikueristen hingucken. Vielleicht tun sie das eh schon. Vlt. wird schon jahrelang von Manikueristen und eben Friseuren Frueherkennung an mir betrieben, und ich unbedarfter Trottel wusste das nur noch nicht???

Ich glaube, ich mache mir die Naegel selbst von jetzt an, auch wenn es noch so Scheisse aussieht. Und lasse mir die Haare von jemandem im Bekanntenkreis schneiden, die mich kennt, und mir mit solcher Scheisse niemals kommen wuerde. Dann koennen sich die ganzen Fachleute an Personen abreagieren, die zur Gattung "also ICH finde das gut, ICH wuerde das schon wissen wollen!" gehoeren. Mein Geld sehen sie dann natuerlich auch nicht mehr, aber das ist nicht mein Problem, sondern mein Vorteil. Kann man denn heutzutage GAR nichts mehr machen, ohne von irgendeinem Arschloch in panische Ungewissheit gestuerzt zu werden??? Jessesgott, wo sind wir denn.... :/ Schoene neue Welt.

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