Thursday, November 5, 2009

Höhensonne für rote Bäckchen





Rote Baeckchen. Der Traum eines jeden Deutschen. Ein Symbol draller, praller Gesundheit. Dieses Produkt wuerde hierzulande bestenfalls als rassistisch angesehen werden, schlimmstenfalls als Nazi Propaganda. Aber rote Baeckchen sind in Deutschland kein Zeichen fuer hohen Blutdruck oder aehnliches (WIE kann so ein kleines Kind schon Hitzewallungen haben??). Nein. Rote Baeckchen sind fuer Deutsche ein Indiz draller, praller Gesundheit. Nun denn.

Als Kind hatte ich keine roten Baeckchen. Nie. Das hat meinen Erwachsenen viel Kummer bereitet. Ich war naemlich eher ein bischen.... wie kann man das jetzt diskret ausdruecken... also. *tieflufthol* Aehem. Ich war naemlich und bin immer noch ... nein, nicht schlicht mit einem hellen Teint gesegnet. Sondern... wie kann man das jetzt VORSICHTIG und BEHUTSAM herueberbringen? Ich will ja schliesslich niemanden traumatisieren. Ich war naemlich - aufgepasst, wer empfindlich ist, liest besser nicht weiter.... ich war *schaem* ... BLASS. Ja. Ich bin ein Betroffener. Ich gebe es zu. Ich war und bin mit 50 immer noch.... BLASS. Bitte bemitleden Sie mich nicht. Ich komme inzwischen ganz gut mit diesem HANDICAP zurecht. Aber als Kind hatte ich die entsprechende Reife noch nicht.

Als ich 12 war, verbrachte ich mit meinem Vater, einigen seiner Kollegen, und deren Kindern eine Woche auf einer Skihuette in Frankreich. Langweilig, ne? Moment. Der dicke Hund, der Rattenschwanz, kommt noch. Ich hatte mich naemlich gefreut auf diesen Urlaub, in meiner kindlichen Unschuld nicht ahnend, dass ich als BLASSES DEUTSCHES KIND nie und nimmer mit dieser unschuldigen Freude davonkommen wuerde.

Es lag ganz viel Schnee. Wirklich toller Schnee. Ganz tief. Wir waren viele Kinder. So zwischen 7 (*winke an Walterchen, der mal den Rand vom Hut seiner Oma abgeschnitten hat, und bei Mensch-Aergere-Dich-Nicht immer einen Wutanfall bekam, der war so cool*^^) und 14 Jahren (diese zwei Buben waren mir eine Nummer zu gross). Und wir fuhren neben Ski auch Schlitten, oder rasten einfach mal in Plastikschuesseln den Berg an der Skihuette herunter. Die Sonne schien eigentlich immer, und wir hatten viel Spass im Freien.

Eines Tages war aber Schluss mit lustig. Zumindest fuer meine Wenigkeit. Vattern holte mich vom Schlitten, und fuehrte mich in eine Scheune, die zur Huette gehoerte. Warum? Um mir mit einer Peitsche den Hintern zu versohlen? Um mich auf sonst eine Art zu misshandeln (er war lange single gewesen, armer Kerl)?. Also die dreckige Fantasie darf man ruhig wegstecken. Denn die Realitaet war viel tragischer als all so was. Als wir schliesslich zu zweit in dem Schuppen standen, produzierte Vattern naemlich aus dem ganzen Geruempel da drin.... *trommelwirbel* EINE HOEHENSONNE. Ich sollte - IM SCHUPPEN - eine Zeitlang vor der Hoehensonne sitzen (einen Stecker gab es leider auch in dem Schuppen).

Warum? WARUM???

IST DAS NICHT KLAR WIE DIE SONNE, DIE DORT DRAUSSEN SCHIEN???

Natuerlich war die Hoehensonne notwendig ... DAMIT ICH EIN BISCHEN FARBE BEKOMMEN WUEERDE!

Damit ich nicht.... SO BLASS ... aus dem Urlaub nach Hause kommen wuerde.

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Ich wurde aus der ECHTEN SONNE entfernt, um KUENSTLICHE FARBE anzunehmen. Von einer Hoehensonne. Elektisch. In einem Schuppen. Damit ich nicht BLASS aus dem Urlaub zurueckkomme.

Waehrend also die anderen Kinder draussen tobten und spielten - IN DER SONNE - musste ich in einem Schuppen voll Geruempel sitzen, und so ein elektrisches Ding anstarren. Kinn hoch, hat Vattern angeordnet. Damit DIE BRAEUNE auch gleichmaessig wird.

Nach einer halben Stunde oder einer Stunde kam Vattern in den Schuppen, und stellte seine zerschmetternde Diagnose: NEIIIIIIIIN!! Ich bin ja IMMER NOCH ZU BLASS!! Also noch mal eine halbe Stunde, und diesmal den Kopf SO halten, und nicht SO! Verdammt noch mal. Warum kann ich das nicht kapieren?? Wenn das Kind BLASS aus dem Urlaub zurueckkommt, dann denken die zu Hause womoeglich noch, ES HAETTE GAR KEINE SONNE UND FRISCHE LUFT ABBEKOMMEN. Also sass ich noch eine weitere halbe Stunde vor dem Ding ab. Waehrend die anderen Kinder draussen die echte Sonne aufsaugten. Es ist jetzt nicht so, als ob ich total beraubt gewesen waere. Ich konnte durchaus die anderen Kinder vor dem Schuppen in der Sonne lachen und jubeln hoeren beim Schlittenfahren, bekam ihren Spass also mit, wenn auch nur zweiterhand.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei denen, die mich an diese Story erinnert haben. Denn ich glaube nicht, dass sich meine Gesichtsfarbe in absehbarer Zeit veraendern wird, und irgendwie muss ich mit dieser Tragoedie leben und zurechtkommen.

Herzliche Gruesse aus dem novembrigen New York,
hsm

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